Projektverbund BayKlimaFit 1 - Strategien zur Anpassung von Kulturpflanzen an den Klimawandel
Bild: Thomas Freudenberg, PICT GmbH
Im Frühjahr 2016 hat das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz den Projektverbund „BayKlimaFit – Strategien zur Anpassung von Kulturpflanzen an den Klimawandel“ zusammen mit dem Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung der Technischen Universität München eingerichtet, dem die Koordinierung des Verbunds im Rahmen eines eigenständigen Projekts übertragen wurde. Der Freistaat gehört damit zu den Vorreitern auf diesem Feld. Mit dem Projektverbund BayKlimaFit ist ein Netzwerk von hochkarätigen Forschungsgruppen aus ganz Bayern entstanden. Erfahrene und junge aufstrebende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben gemeinsam mit mittelständischen bayerischen Unternehmen im Bereich der Pflanzenzucht drei Jahre intensiv zusammengearbeitet und Strategien entwickelt, wie Kulturpflanzen in Bayern fit für den Klimawandel gemacht werden können. Hierzu wurde in neun Forschungsprojekten untersucht, welche zellulären Mechanismen die Anpassung verschiedener Kulturpflanzen an den Klimawandel und die sich daraus ergebenden neuen Umweltbedingungen erlauben. Speziell wurde nach Antworten gesucht, wie Kulturpflanzen robuster gegen extreme Wetterereignisse wie Kälte und Nässe, Trockenheit und Hitze werden und gleichzeitig vor Krankheiten geschützt werden können.
Abbildung: Projektverbund BayKlimaFit erfolgreich beendet. Am 25. Februar 2019 zog der Bayerische Umweltminister Thorsten Glauber in der Residenz München zusammen mit den Wissenschaftlern ein positives Fazit.
Zentrale Ergebnisse der Forschungsarbeiten waren u. a.:
- Pflanzen an sich verändernde Klimabedingungen anzupassen ist grundsätzlich möglich.
- Forschung an Kulturpflanzen ist notwendig, da Ergebnisse von Modellpflanzen nicht grundsätzlich auf Kulturpflanzen übertragbar sind.
- Die große Biodiversität von ursprünglichen Sorten (Landrassen) kann für die Züchtung klimaangepasster Pflanzen nutzbar gemacht werden.
Der Projektverbund hat somit wichtige Erkenntnisse für die Züchtung klimarobuster Kulturpflanzen geliefert und direkt zur Bayerischen Klima-Anpassungsstrategie beigetragen. Es waren Forscher aus Bayreuth, Erlangen, Freising, München, Regensburg und Würzburg beteiligt.
Video: "Aufgaben und Ziele des Projektverbunds BayKlimaFit"
Der Projektverbund lief vom 01.02.2016 bis zum 31.01.2019 und bestand aus drei Schwerpunkten mit insgesamt neun Projekten und einem Vorhaben, das den Verbund koordinierte.
Schwerpunkt: Staunässe und Kälte – Anpassungsstrategien für Jungpflanzen an die Folgen des Klimawandels
Verbesserung der Kältetoleranz von Mais, Technische Universität München, Wissenschaftszentrum Weihenstephan, Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung, Prof. Dr. Schön.
Ergebnisse
Im Rahmen dieses Projektes wurde eine neuartige Methode zur Züchtung entwickelt. Mit ihr können bisher nicht genutzte Eigenschaften aus dem Erbgut von Mais Landrassen in Elitematerial eingebracht werden. Damit wird die genetische Vielfalt im Zuchtmaterial erweitert. Es konnten Bereiche im Erbgut ausgewählter Landrassen gefunden werden, welche die Fähigkeit besitzen, Kälte zu ertragen und das frühe Wachstum zu beeinflussen. Über bioinformatische Untersuchungen sind nun Abschnitte im Erbgut auffindbar, mit denen weniger gegen Kälte empfindliche Maissorten gezüchtet werden könnten. Langfristig kann so die Entwicklung an das Klima angepasster Sorten gesichert werden.
Abbildung: Luftbild eines Feldes; Fotograf: Manfred Mayer
Toleranz gegenüber Staunässe und Überflutung bei Raps
Universität Bayreuth, Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie, Prof. Dr. Mustroph
Ergebnisse
Häufig in Bayern angebaute und asiatische Rapssorten zeigten keine deutlichen Unterschiede in ihrem Verhalten gegenüber Stress. Für eine bayerische und eine asiatische Sorte wurde erstmalig beschrieben, wie deren Zellen genau auf Nässe und Überflutung reagieren. Beide Sorten zeigten unter Stress sehr ähnliche Antworten, es gab aber auch Unterschiede. So wurden wichtige Grundlagen geschaffen, um Faktoren für weniger gegen Nässe empfindliche Pflanzen zu finden. Sorten können dann darauf untersucht und für die Zucht genutzt werden. Das Projekt belegt, dass die genetische Vielfalt bei Kulturpflanzen für deren Anpassung an den Klimawandel wichtig ist.
Schwerpunkt: Klimabedingte Hitzeereignisse und Trockenheit – Stressbewältigung durch Stoffwechselanpassung
Hitzetoleranz bei der Pollenentwicklung von Mais und Weizen
Universität Regensburg, Lehrstuhl Zellbiologie und Pflanzenbiochemie, Prof. Dr. Dresselhaus
Ergebnisse
Zwischen australischem und bayerischem Weizen zeigten sich große Unterschiede in der Empfindlichkeit gegenüber Hitze. Für Mais wurde die Ausstattung von Zellen, die diese Hitze besser ertragen lässt, weiter aufgeklärt. Es wurden die Zeitpunkte bei der Bildung von Pollen bestimmt, die bei Hitze dazu führen, dass die Pflanzen unfruchtbar werden. Weiterhin wurde festgestellt, dass sich der Stoffwechsel ändert während Pollen bei Hitze wachsen. Ein Beispiel sind Regulatoren, die durch Hitze beeinflusste Abschnitte im Erbgut kontrollieren.
Abbildung: Gemäßigter Hitzestress für zwei Tage bei 35°C führt während bestimmter Stadien der Entwicklung von Pollen zu deutlich weniger Körnern.
Hitze- und Trockentoleranz bei Gerste
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl Biochemie, Department Biologie, Prof. Dr. Sonnewald
Ergebnisse
Im Projekt wurden Strategien zur Züchtung besser an Stress angepasster Gersten entwickelt. Es wurde untersucht, wie Pflanzen ihren Stoffwechsel anpassen, um besser mit Hitze oder Trockenheit umzugehen. Es wurden Unterschiede im Erbgut unterschiedlich empfindlicher Gerstensorten gefunden. Mit diesem Wissen wurden erste Marker für die Züchtung entwickelt, welche helfen die Qualität der Pflanzen, zum Beispiel deren Gehalt an Vitamin E, zu verbessern. Das gesammelte Wissen wird Züchtern helfen, um die bayerische Gerste schneller fit für den Klimawandel zu machen.
Validierung praxisrelevanter Marker für die Züchtung klimaangepasster und gesunder Gerstensorten
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, Arbeitsgruppe Züchtungsforschung Winter- und Sommergerste (IPZ 2b), Dr. Herz
Ergebnisse
Eine Sammlung von Sommergersten wurde jeweils bewässert und trocken angebaut und auf ihr Wachstum, ihren Ertrag und ihre Qualität untersucht. Die Sorten unterschieden sich sehr gut für die verschiedenen Merkmale und zwischen den Behandlungen. Dadurch konnten in einem vorhergehenden Projekt entwickelte Marker zur Züchtung von an Trockenheit angepassten Gersten näher erforscht werden. Dabei gab es Marker, die gleichzeitig mehrere Merkmale in die gewünschte Richtung beeinflussten und somit für die Züchtung besonders interessant sind. Moderne Sorten und Stämme der beteiligten bayerischen Pflanzenzüchter schnitten in den Feldversuchen am besten ab, was zeigt, dass die bayerischen Züchter schon auf einem guten Weg sind. Durch das Projekt wurde zudem notwendiges Material für die anderen Gerstenprojekte produziert.
Abbildung: Die gleiche Sorte (RGT Planet) im Rollgewächshaus mit und ohne Wasser.
Klimaabhängige Steuerung des Wasserverlustes in Blättern
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Julius von Sachs Institut für Biowissenschaften, Prof. Dr. Hedrich
Ergebnisse
Pflanzen verlieren Wasser über Spaltöffnungen in den Blättern, deren Weite durch die beiden beteiligten Schließzellen bestimmt wird. Im Projekt wurde gezeigt, dass das Schließen der Spaltöffnungen bei Gerste anders als bei der Modellpflanze Ackerschmalwand funktioniert. Gersten sind auf das Zusammenspiel von Schließ- und Nebenzellen angewiesen. Bei Gerste wurden die Abschnitte im Erbgut gefunden, welche speziell in Schließ- oder Nebenzellen genutzt werden. Dadurch konnte ein Modell zur Natur und Regulation der Spaltöffnungen bei Gerste aufgestellt und an Zuchtlinien bestätigt werden. Über einen Vergleich von besonders gegenüber Trockenheit empfindlichen und unempfindlichen Pflanzen können nun Marker gefunden und Züchtern zur Verfügung gestellt werden.
Trockenresistente Pflanzen
Technische Universität München, Wissenschaftszentrum Weihenstephan, Lehrstuhl für Botanik, Prof. Dr. Grill
Ergebnisse
Untersuchungen zeigten, dass Mais bei der Nutzung von Wasser bereits sehr gut ist. Im Gegensatz zu Weizen führt eine Abnahme der Verdunstung an Maisblättern zu deutlich geringerem Wachstum. Die in diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse haben große Bedeutung für die praktische Anwendung. Sie weisen darauf hin, dass bei der Zucht von an Trockenheit angepasstem Mais eine andere Strategie als für Weizen gewählt werden muss.
Abbildung: Messungen des Gaswechsels an einer Maispflanze
Schwerpunkt: Symbionten und Schaderreger – Toleranz gegenüber Umweltstress in Zeiten des Klimawandels
Verbesserte Stressresistenz und Phosphataufnahme durch Symbiose
Ludwigs-Maximilians-Universität München, Fakultät für Biologie, Bereich Genetik / Technische Universität München, Wissenschaftszentrum Weihenstephan, Professur für Pflanzengenetik, Prof. Dr. Gutjahr
Ergebnisse
Es gelang, die untersuchten Pflanzensorten umfassend zu beschreiben und Linien zu finden, welche insbesondere bei Trockenheit mit natürlichen Pilzen immer noch leistungsfähig waren. Die in diesem Projekt erzielten Daten bilden eine sehr wichtige Grundlage für weitere Untersuchungen.
Abbildung: Mais mit und ohne natürliche Pilze (arbuskuläre Mykorrhiza: AM).
Krankheitsresistenz klimaangepasster Gerstensorten
Technische Universität München, Wissenschaftszentrum Weihenstephan, Lehrstuhl für Phytopathologie, Prof. Dr. Hückelhoven
Ergebnisse
Der Pilzbefall von Gerste nimmt immer mehr zu. Das zeigten Ergebnisse mit Proben von Gersten aus den letzten 50 Jahren. Dies ist ein deutlicher Hinweis, dass hier Veränderungen des Klimas eine große Rolle spielen. Insgesamt zeigte sich ein starkes Zusammenspiel zwischen Trockenheit und dem Auftreten und der Schwere von Pflanzenkrankheiten. Es wurden gegen Krankheiten unempfindliche Gersten gefunden, die eine gute Grundlage für den Anbau unter sich verändernden Bedingungen gerade in Bezug auf den Klimawandel darstellen.
Die detaillierten Ergebnisse sind auf der Internetseite des Projektverbunds BayKlimaFit dokumentiert.
Laufzeit
01.02.2016 – 31.01.2019
Finanzierungssumme
2,4 Millionen Euro