Synthetische Biologie
Die synthetische Biologie will biologische Systeme erzeugen, die so in der Natur nicht vorkommen. Dazu arbeiten in diesem interdisziplinären Fachgebiet beispielsweise Molekularbiologen, Ingenieure und Chemiker zusammen. Quasi am Reißbrett sollen so Moleküle, Zellen oder Organismen mit neuen Eigenschaften entworfen werden. Die Synthetische Biologie ist dabei kein eingrenzbares Forschungsgebiet und wird mehr als ein Konzept verstanden.
Eine allgemeingültige Definition der Synthetischen Biologie gibt es dementsprechend nicht. Die Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS), die in Deutschland das wissenschaftliche Monitoring der Synthetischen Biologie durchführt, teilt sie im Wesentlichen in die fünf nachfolgenden Anwendungsfelder ein. Die wissenschaftlichen Gremien der EU-Kommission definieren darüber hinaus die Do-It-Yourself-Biologie als einen weiteren Trend, der dem Bereich der Synthetischen Biologie zugeordnet wird. Hier werden im Wesentlichen biologische Experimente außerhalb etablierter Bereiche als Hobby durchgeführt.
Synthese von Genen und Genomen
In diesen Bereich fallen das Entwerfen und Herstellen künstlicher Gene und Chromosomen bis hin zu kompletten Genomen und deren Einbringen in einen Organismus. So sollen beispielsweise speziell entwickelte Mikroorganismen für die Herstellung von Impfstoffen oder optimierte Produktions-Organismen für biotechnologische Anwendungen und Grundlagenforschung entstehen.
Design maßgeschneiderter Stoffwechselwege
Hier werden zahlreiche Gene neuer oder alternativer Stoffwechselwege in einen Organismus eingebracht, damit dieser ein gewünschtes Produkt herstellt. Das bekannteste Beispiel ist der Vorläufer des Malariamedikaments Artemisinin. Das komplexe Molekül musste zuvor sehr aufwendig aus einer Pflanze, dem Einjährigen Beifuß, gewonnen werden. Bakterien konnten über einen maßgeschneiderten Stoffwechselweg zu zellulären Fabriken für Artemisininsäure umprogrammiert werden, aus der sich dann relativ einfach Artemisinin erzeugen lässt.
Konzeption von genetischen Schaltkreisen
Durch das Zusammenfügen von Signalsystem-Bestandteilen aus verschiedenen Organismen sollen neuartige biologische Schaltkreisen entstehen. Ein bestimmtes Signal soll zur erwünschten Reaktion einer Zelle führen. So können beispielsweise biologische Sensoren hergestellt werden, die auf einen Reiz hin ein bestimmtes Produkt abgeben.Xenobiologie
Die Xenobiologie will Organismen konstruieren, die parallel zu den natürlichen existieren und die bestenfalls nicht mit diesen interagieren. Dies wird beispielsweise durch einen veränderten genetischen Code oder nicht-natürliche Aminosäuren in Proteinen erreicht. Solche Organismen können als Sicherheitsstämme dienen, da für ihr Wachstum künstliche Bedingungen nötig sind. Ein Beispiel ist Xenonukleinsäure (XNA), die die gleichen Informationen wie DNA tragen kann, jedoch aus anderen molekularen Bestandteilen aufgebaut ist. Nicht natürliche Aminosäuren können zum Beispiel zur Biosynthese von Proteinen mit neuen oder besonderen Funktionen eingesetzt werden.
Minimalzellen
Eine Zelle soll so vereinfacht werden, dass diese nur noch die für das Überleben essenziellen Gene aufweist. Dabei gibt es sowohl den Ansatz, alles nicht Notwendige zu entfernen (Top-down), als auch denjenigen, eine Protozelle ausgehend von chemischen Bestandteilen zusammenzubauen (Bottom-up). Minimalzellen können unter anderem in der Grundlagenforschung klären helfen, welche Faktoren lebensnotwendig sind.
Do-It-Yourself-Biologie
In den Meinungen der wissenschaftlichen Gremien der EU-Kommission wird der Bereich „Citizen science“ oder Do-It-Yourself-Biologie (DIY-Biologie) als Trend in der Synthetischen Biologie definiert. DIY-Biologen sind Personen, die biologische Experimente außerhalb etablierter Bereiche als „Hobby“ durchführen. Sie haben dabei in der Regel nur eine geringe oder gar keine naturwissenschaftliche Ausbildung.
Mittlerweile sind auch sogenannte DIY-Kits im Internet bestellbar. Manche dieser Kits enthalten jedoch gentechnisch veränderte Organismen oder man kann mit ihrer Hilfe entsprechende Organismen zuhause herstellen. Laut Gentechnikgesetz dürfen gentechnische Arbeiten in Deutschland aber nur innerhalb einer gentechnischen Anlage durchgeführt werden. Die zuständigen Behörden haben daher einer Warnung herausgegeben (siehe weiterführende Informationen).
Monitoring und Regulierung der Synthetischen Biologie
Ein kontinuierliches Monitoring der Entwicklungen im Bereich der Synthetischen Biologie wird in Deutschland durch die Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS) vorgenommen. Im Jahr 2012 erstellte sie einen ersten Monitoringbericht. Der zweite Bericht erschien 2018. Seitdem wird ein fortlaufendes Monitoring durchgeführt. Darin werden die Fortschritte auf den einzelnen Feldern der Synthetischen Biologie beschrieben und geprüft, ob sich aus den Aktivitäten Gefährdungen ergeben, die nicht durch das Gentechnikgesetz (GenTG) reguliert werden.
Zusammenfassend birgt laut ZKBS die derzeitige Forschung zur Synthetischen Biologie sowohl in Deutschland als auch weltweit keine anderen Risiken für die biologische Sicherheit, als solche, die bereits mithilfe des GenTG und anderer internationaler Regulierungen für „konventionelle“ gentechnische Veränderungen bewertet werden.
Zum gleichen Schluss kommt auch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, das in einem vom Umweltministerium finanzierten Vorhaben von 2015 bis 2019 den Entwicklungsstand der Synthetischen Biologie verfolgt und Strategien für deren analytische Überwachung entwickelt hat. Es konnte insbesondere festgestellt werden, dass alle Organismen, die derzeit mithilfe der Synthetischen Biologie erzeugt werden, durch das GenTG bewertet und eingestuft werden können. Im Rahmen des Projektes entwickelte Strategien zur analytischen Überwachung von Organismen der Synthetischen Biologie zeigten, dass diese mit den am Landesamt verfügbaren Methoden eindeutig identifiziert werden konnten. Am 23. Oktober 2017 führte das Landesamt im Rahmen der „7. Fachtagung Gentechnik“ eine Fachtagung zur Synthetischen Biologie durch. Eine Verknüpfung zum Tagungsband findet sich weiter unten.
Weiterführende Informationen
- Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit – Fokusthema Synthetische Biologie
- Meinungen wissenschaftlicher Gremien der EU-Kommission zur Synthetischen Biologie
- Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit – Monitoring Synthetische Biologie
- LGL-Fachtagung zur Synthetischen Biologie
- Deutscher Bundestag - Drucksache : Stand der Synthetischen Biologie in Deutschland vom 29.10.2019