Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am 03.09.2014
Laudatio für Herrn Josef Wagner
Die meisten Ruinen und Trümmer des Krieges wurden beseitigt – wenigstens die materiellen, denn die seelischen Belastungen und Traumata konnten viele Menschen nie mehr ablegen.
Einige Überreste sind aber stehengeblieben, bei uns im Landkreis sind es die Gebäude im „Mühldorfer Hart“.
Die Zahl der Menschen, die aus eigener Erfahrung über die damaligen Geschehnisse berichten könnte, nimmt rapide ab. Damit werden die Bauwerke, die die Zeit überdauert haben, zu wichtigen Zeugen der Geschichte.
Leider sind sie stumm, und deshalb braucht es Menschen, die ihnen zumindest eine virtuelle Sprache geben können. Denn sie sollen nachkommenden Generationen helfen zu verstehen, was in der dunkelsten Zeit deutscher Geschichte geschah, und wie es geschah.
Das Anliegen von Herrn Wagner, war und ist es, die Erinnerung an die Greuel und Opfer der NS-Diktatur wachzuhalten und an junge Generationen weiterzugeben.
Mit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft „Für das Erinnern – KZ Denkstätte Mühldorfer Hart“ hat er sich bereits in den 1980er Jahren in besonderer Weise für den Bau einer Gedenkstätte am ehemaligen KZ-Lager und Bunkergelände im Mühldorfer Hart engagiert.
Bereits 1987 drehte er mit Rainer Ritzel den Film „Mit 22 Jahren wollte man noch nicht sterben“.
Mit den bewegenden Aussagen von Häftlingen, aber auch von Augenzeugen aus der näheren Umgebung dokumentierte er das unmittelbar Geschehene und sorgte damit dafür, dass die KZ-Anlage im Mühldorfer Hart nicht in Vergessenheit gerät.
Viele Jahre vor der Gründung des „Vereins für das Erinnern – KZ-Gedenkstätte Mühldorfer Hart e. V.“ veranstaltete er zusammen mit engagierten Bürgern und Schülern Gedenkfeiern auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers.
1993 ist er mit einer eindrucksvollen Aktion an die Öffentlichkeit getreten: er baute zusammen mit seiner Familie einen riesigen Davidstern unter dem noch bestehenden Bunkerbogen auf. Um die zu Tode gekommenen KZ-Häftlinge aus ihrer Anonymität zu holen und jedem einzelnen ein Gesicht zu geben, hat er Lebensdaten, Herkunftsorte und die Namen von 1.972 verstorbenen Häftlingen auf einzelne Blätter geschrieben.
Die Teilnehmer der Gedenkaktion haben so den Lebensdaten der Häftlinge einen Platz gegeben. Mit dieser Aktion wurde das Bunkergelände zu einem Mahnmal für Frieden, Toleranz und Freiheit.
2001 - nach Überführung der Arbeitsgemeinschaft in den „Verein für das Erinnern - KZ-Gedenkstätte Mühldorfer Hart e. V.“ – übernahm er dann bis 2005 das Amt des 2. Vorsitzenden.
2007 produzierte er einen weiteren Informationsfilm am Beispiel des KZ-Außenlagers Mühldorf. Dieser Film zeigt deutlich, wie man sich heute über einen lange verschwiegenen Teil der Geschichte informieren, Erinnerungsorte gestalten und der Opfer würdevoll gedenken kann.
Mit Ihren Aktionen gelingt es ihmn immer wieder, Schülern und Bürgern im Landkreis und weit darüber hinaus die damalige Geschichte durch Projekte, Filme und Veröffentlichungen auf verschiedene Weise nahe zu bringen.
Deshalb hat er auch völlig zu Recht zusammen mit Peter Müller den Mühldorfer Geschichtspreis erhalten: für seine Bemühungen, die Erinnerung weiterzutragen.
Herr Wagner ist damit ein Pionier für eine authentische Pädagogik in bayerischen Gedenkstätten! Es geht um das Hinschauen und nicht das Wegschauen auf die Greueltaten vor rund 70 Jahren.
Er übte und übt seine ehrenamtlichen Tätigkeiten für die Erinnerungsarbeit mit großem persönlichem Einsatz und unter Zurückstellung seiner persönlichen Interessen aus. Dadurch erwarb er sich sich große Verdienste um die Allgemeinheit.