verbraucher - zukunft - europa
Online-Umfrage zum Verbraucherschutz vom 15. Januar bis 20. Februar 2022
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat vom 15. Januar bis 20. Februar 2022 eine Online-Umfrage zum Verbraucherschutz durchgeführt. Die Umfrage soll einen Beitrag zur Konferenz zur Zukunft Europas leisten. Viele Bürgerinnen und Bürgern haben die Chance genutzt, ihre Meinung zu wichtigen Fragestellungen in den Bereichen Verbraucherschutz, Klimaschutz und Digitalisierung einzubringen. Das Ministerium wird den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern fortsetzen.
Wir danken an dieser Stelle den Verbraucherschutzministerien des Saarlandes und des Landes Rheinland-Pfalz sowie der Verbraucherzentrale Bayern, dem VerbraucherService Bayern und den Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen und Hessen für ihre Unterstützung.
Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage sind im Folgenden zusammengefasst.
Ergebnisse der Umfrage
Die Beteiligung an der Umfrage fiel erfreulich hoch aus. Mit 520 Teilnehmern aus Bayern und anderen Bundesländern wurden die Erwartungen deutlich übertroffen. Aufgrund der Geschlechterverteilung (ca. knapp 60 % weiblich), der Altersverteilung mit einer deutlichen Mehrheit älterer Verbraucher (über 60 J: 26 %, 50 – 59 J.: 28 %, 40 -49 J.: 20 %) und des überproportionalen Anteils an Personen mit Hochschulabschluss (ca. 62 %) sind die Ergebnisse nicht repräsentativ für die gesamte Bevölkerung. Gleichwohl liefern sie wertvolle Informationen.
Die Umfrage zeigt, dass rund 32 % der Befragten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Probleme bei der Erfüllung ihrer Rechte aus Verbraucherverträgen hatten (Frage 1). Rund die Hälfte der Betroffenen beklagten Schwierigkeiten bei Reise- und Beförderungsverträgen und ca. 39 % gaben Veranstaltungsabsagen an. Zu ihrem Recht kamen die Betroffenen bislang in weniger als der Hälfte der Fälle (knapp 45 %). Knapp 43 % der Betroffenen haben die Rechtsdurchsetzung aufgegeben (25,7 %) oder die Angelegenheit nicht weiterverfolgt (17,1 %). Deutlich wird dabei vor allem, dass die Rechtsdurchsetzung weiterhin erhebliche Defizite aufweist und Verbraucher oft lange warten müssen, bis ihre Ansprüche erfüllt werden.
Nicht überraschend ist daher, dass rund zwei Drittel der Verbraucher sich für eine Stärkung der Verbraucherrechte aussprechen (Frage 2), wobei immerhin 27,5 % der Teilnehmer den Status Quo als zufriedenstellend betrachten. Dies kann als Bestätigung der bisherigen Verbraucherpolitik und zugleich als Aufforderung zur Fortsetzung der Bemühungen um eine Stärkung des Verbraucherschutzes interpretiert werden.
Für eine Verlängerung der zweijährigen Gewährleistung beim Kauf mangelhafter Waren (Frage 3) sprechen sich 87 % der Teilnehmer aus, wobei hierfür vor allem bei Elektro- und Elektronikgeräten sowie Haushaltsgeräten (weiße Ware) Bedarf gesehen wird (71 %). Bei Kraftfahrzeugen (51 %) und Fahrrädern (33 %) fällt das Bedürfnis etwas geringer aus. Die Umfrage liefert damit den klaren Beleg, dass Verbraucher eine Verlängerung der Gewährleistung v.a. bei Haushalts- und Elektronikgeräten wünschen, um besser vor vorzeitigem Verschleiß und Funktionsausfall geschützt zu werden.
Die Teilnehmer an der Befragung lassen eine hohe Bereitschaft erkennen, zum Schutz vor nachteiligen Umweltauswirkungen eine Einschränkung bestimmter Rechte und Wahlmöglichkeiten in Kauf zu nehmen (Frage 4). Beim (zwingenden) Verzicht auf die kostenlose Rücksendung im Fernabsatz liegt die Zustimmungsquote bei knapp 54 %, die Ablehnungsquote bei 33 %. Bei der Gewährleistung für mangelhafte Waren sind knapp 74 % der Teilnehmer bereit, dem Verkäufer zuerst die Möglichkeit der Reparatur zu geben (21 % dagegen). Ein Verbot von nicht kostendeckenden Billig-Flugangeboten würde von knapp 84 % der Teilnehmer befürwortet, von denen etwas mehr als die Hälfte sogar eine vollständige Kostendeckung einschließlich der Treibstoffkosten (nicht nur bezogen auf Steuern und Gebühren) für angemessen hält.
Nach der Umfrage sind 88% der Teilnehmer auch bereit, für nachhaltige Produkte und eine nachhaltige Erzeugung einen höheren Preis zu zahlen (Frage 5). Differenziert nach Produktgruppen lässt sich feststellen, dass bei Energie zwar mit 57 % eine hohe Eingangsakzeptanz eines höheren Preises besteht, diese jedoch ab einer Preiserhöhungsschwelle von 10 % deutlich abnimmt (ca. 24 %). Bei Haushalts- und Elektrogeräten hingegen besteht mit rund 40 % auch eine breite Akzeptanz für höhere Preise oberhalb der Schwelle von 10 %. Bei Fleisch erreicht diese sogar 74 %.
Geldanlage ist für 75 % der Teilnehmer ein Thema (Frage 6). Für eine Anlage in nachhaltige Finanzprodukte würden knapp 6 % ein höheres Verlustrisiko in Kauf nehmen, für knapp 51 % der Teilnehmer kommt es auf den Einzelfall an und 35 % lehnen ein höheres Verlustrisiko ab. Angaben der Anbieter zur Nachhaltigkeit von Finanzprodukten haben in den Augen der Befragten nur eine geringe Glaubwürdigkeit. Für uneingeschränkt glaubwürdig hält sie rund 1 % der Teilnehmer, während rund 66 % sie als nicht glaubwürdig bewerten. Immerhin knapp 24 % sehen die Nachhaltigkeitsangaben als eingeschränkt glaubwürdig an. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass zum einen bei der Geldanlage weiterhin der Schutz der finanziellen Interessen der Anleger eine vorrangige Rolle spielt und zum anderen aufgrund des geringen Vertrauens in Nachhaltigkeitsversprechen der Anbieter verstärkte Bemühungen (sowohl auf Anbieterseite als auch bei der Festlegung der Nachhaltigkeitskriterien) notwendig sind.
Beim Thema Datenschutz und Privatsphäre sprechen sich knapp 59 % der Teilnehmer für Grenzen durch absolute Verbote aus, während 39 % das geltende Einwilligungsprinzip für ausreichend halten. Daraus lässt sich mit Blick auf die Datenschutz-Grundverordnung und die Gesetzgebung im Bereich Digitale Dienste und Künstliche Intelligenz der Schluss ziehen, dass klare Grenzen zum Schutz persönlicher Daten notwendig sind und es auch Bereiche geben sollte, die absolut vor dem Zugriff Dritter geschützt sind.
Nur beschränktes Vertrauen besteht gegenüber computergestützten Entscheidungen und KI-Systemen (Frage 8). Während das Vertrauen in Fahrerassistenzsysteme immerhin von knapp 50 % der Teilnehmer als mittel bis hoch angegeben wird, beträgt dieser Wert bei der automatisierten Einstufung in Versicherungstarife rund 38 %, beim Kreditscoring rund 30 %, bei Chat-Bots 25 % und bei digitaler Beratung zu Finanzdienstleistungen nur 20 %. Gesundheitsapps dagegen bringen rund 47 % der Teilnehmer mittleres oder hohes Vertrauen entgegen. Daraus lässt sich zum einen ableiten, dass das Vertrauen der Verbraucher in computergestützte technische Funktionen höher ist als bei computergestützten Entscheidungen und Empfehlungen, vor allem wenn diese einen menschlichen Kontakt ersetzen sollen. Zum anderen wird die hohe Bedeutung einer individuellen Kommunikation und Beratung deutlich.
Für einen weiteren Ausbau digitaler Produkte und Dienstleistungen (Frage 9) sehen rund 61 % der Teilnehmer mittleren bis hohen Bedarf, 39 % sehen dagegen keine Notwendigkeit.
Gleichzeitig zeigt die Umfrage, dass die Verbraucher weiterhin in vielen Bereichen eine nicht-digitale Alternative wünschen (Frage 10). So halten knapp 73 % der Teilnehmer Bargeld für wichtig bis sehr wichtig. Ähnlich hohe Bedeutung hat die persönliche Beratung bei Geldanlage und Versicherungen mit ebenfalls 73 %. Aber auch der Einkauf im Lebensmittelgeschäft ist den meisten wichtig bis sehr wichtig (66 %). Der Anteil der Teilnehmer, die eine nicht-digitale Alternative für verzichtbar halten, liegt in den meisten Bereichen unter 20 %. Lediglich bei der Reisevermittlung und beim Fahrkartenkauf liegt der Anteil mit 32 % und 25 % darüber.
Die Bereiche, in denen die Teilnehmer Verbesserungsbedarf im Verbraucherschutz sehen, sind breit gefächert. Mehr als die Hälfte der Verbraucher haben die Aspekte Inflation (52,8 %), Banken (54,6 %), Versicherungen (52,1%), Datenschutz (54,4 %) und Lebensmittel (51,9 %) angegeben. Knapp darunter finden sich die Themen Produktsicherheit und Telekommunikation (47,7 % und 43,6 %). Bemerkenswert ist, dass trotz der relativ starken Betroffenheit mit Corona bedingten Streitfällen im Bereich Reisen und der Schwierigkeiten der Rechtsdurchsetzung (siehe Frage 1) der Handlungsbedarf bei den Aspekten Reisen und Rechtsschutz mit 25,7 % und 28, 2 % vergleichsweise niedrig bewertet wird.
Diese Umfrage wurde unterstützt von: