Neuausrichtung der Klärschlammentsorgung
Klärschlamm gilt als Schadstoffsenke der Zivilisation für eine Vielzahl unerwünschter Abwasserinhaltsstoffe, über deren Auswirkungen auf die Umwelt und Gesundheit noch zu wenig bekannt ist. Dies trifft insbesondere auf die nicht überschaubare Vielfalt an organischen Schadstoffen zu, die aus Haushalten, Gewerbe und Industrie ins Abwasser gelangen (z. B. Pestizide, Lösungsvermittler, Arzneimittel, endokrin wirksame Substanzen usw.). Durch die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm werden die zunächst abgetrennten Schadstoffe wieder großflächig ausgebracht.
In der Folge der BSE-Krise und der Neuorientierung der bayerischen Agrarpolitik hat Bayern aus Gründen des vorsorgenden Verbraucher-, Boden- und Gewässerschutzes eine neue Strategie für eine zukunftsfähige und nachhaltige Klärschlammentsorgung ausgearbeitet, die mittelfristig die thermische Verwertung des bisher landbaulich und landschaftsbaulich verwerteten Klärschlamms zum Ziel hat.
Im Zuge der Neuausrichtung der bayerischen Agrarpolitik soll aus Gründen der verbraucherorientierten Qualitätssicherung im Lebensmittelbereich und der vertrauensbildenden Vorsorgemaßnahmen ganz generell von einer weiteren landwirtschaftlichen Verwertung von Klärschlamm Abstand genommen werden.
Hierzu hat die Staatsregierung eine neue Entsorgungsstrategie für Klärschlamm beschlossen, die sich an den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung orientiert.
Neue Entsorgungsstrategien bei der Klärschlammentsorgung in Bayern
Kurzfristig
- Die Ziele sind in den Abfallwirtschaftsplan (III Nr. 1.2.4) und das Landesentwicklungsprogramm aufgenommen.
- Die Kläranlagenbetreiber und Landwirte werden durch die Ämter für Landwirtschaft und Wasserwirtschaftsbehörden kontinuierlich beraten, auf die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm zu verzichten.
- Die Kläranlagenbetreiber werden durch die Wasserwirtschaftsbehörden über die sachgerechte abwassertechnische Behandlung der hochbelasteten Filtrate/Zentrifugate aus der mechanischen Klärschlammentwässerung beraten.
- Die Nahrungsmittelhersteller (Mühlen), Kirchen und Verbraucherverbände unterstützen die Ziele der Strategie.
Mittelfristig
- Thermische Behandlung/Verwertung des gesamten bisher landwirtschaftlich und landschaftsbaulich verwerteten Klärschlamms.
- Förderung der Entwicklung innovativer alternativer Entsorgungsverfahren.
- Förderung der Entwicklung kostengünstiger Rückgewinnungsverfahren von Phosphat aus Klärschlamm.
Aktueller rechtlicher Rahmen
- Mit Inkrafttreten der Verordnung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung (AbfKlärV) am 3. Oktober 2017 hat das Gebot zur Phosphorrückgewinnung Rechtsverbindlichkeit erhalten.
- Bis zum Jahr 2029 müssen Betreiber von Kläranlagen mit über 100.000 Einwohnergleichwerten (EW) (und die Betreiber von Klärschlammverbrennungsanlagen) die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm, beziehungsweise der Klärschlammasche sicherstellen. Ab dem Jahr 2032 gilt dies auch für Kläranlagen mit über 50.000 EW.
- Die Pflicht zur Rückgewinnung besteht, sobald der Phosphorgehalt in der Klärschlammtrockenmasse 2 % oder mehr beträgt.
- Die AbfKlärV sieht ab dem 01. Januar 2023 zudem vor, dass die Kläranlagenbetreiber bis zum Ende des Jahres der zuständigen Behörde über die Datenbank DABay ein Konzept vorlegen, aus dem hervorgeht, in welcher Weise (mit welchem Verfahren) der Phosphor zurückgewonnen werden soll.
- Als Beratungsstelle zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm in Bayern steht das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) zur Verfügung. Die Beratung erfolgt im Rahmen
- der Unterstützung bei interkommunaler Zusammenarbeit,
- der Entwicklung von Konzepten zur regionalen Trocknung dezentral anfallender Klärschlämme,
- der energetischen Verwertung von Klärschlämmen,
- der Verfahrensauswahl unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten.
- E-Mail: klaerschlamm@lfu.bayern.de