ABLAUF DES STANDORTAUSWAHLVERFAHRENS
Der Beginn des Standortauswahlverfahrens erfolgte im September 2017. Das Verfahren der Standortauswahl inklusive der Öffentlichkeitsbeteiligung liegt in alleiniger Zuständigkeit des Bundes. Die Möglichkeiten der Länder bezüglich einer Mitgestaltung sind daher begrenzt.
Das Standortauswahlverfahren gliedert sich in drei Phasen, in denen die Suchräume zunehmend eingeengt werden. Nach jeder Phase erfolgt die Befassung durch Bundesrat und Bundestag:
- Phase I: Ermittlung von Teilgebieten und anschließend von Standortregionen für die übertägige Erkundung; Festlegung der Standortregionen durch Bundesgesetz
- Phase II: übertägige Erkundung und Ermittlung der Standorte für die untertägige Erkundung; Bestimmung der Standorte durch Bundesgesetz
- Phase III: untertägige Erkundung, abschließender Standortvergleich und Standortvorschlag für die Endlagerung; Entscheidung des Standortes durch Bundesgesetz
Die Bewertung der Eignung der jeweils verbliebenen Gebiete erfolgt im Auswahlprozess nach wissenschaftlichen Kriterien auf der Basis immer detaillierterer und vertiefter Untersuchungen. Damit werden weitere Gebiete in den folgenden Verfahrensschritten ausgeschlossen.
Abbildung 1 – Grafische Darstellung des Ablaufs der Phasen der Standortauswahl (Grafik: Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH)
Grafische Darstellung der drei Phasen des Standortauswahlverfahrens von der weißen Landkarte bis zur Standortentscheidung. In allen drei Phasen werden die Ausschlusskriterien, Mindestanforderungen und geowissenschaftlichen Abwägungskriterien angewendet. Ab Schritt 2 der Phase I werden die vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen (vSU) durchgeführt. Bei Bedarf finden zusätzlich die planungswissenschaftlichen Abwägungskriterien Anwendung.
Phase I gliedert sich in zwei Schritte. In Schritt 1 fand die Ermittlung der Teilgebiete statt, welche im Zwischenbericht Teilgebiete am 28.09.2020 veröffentlicht wurden.
Aktuell befindet sich das Verfahren in Schritt 2, in welchem über die Durchführung der repräsenta-tiven vSU die Standortregionen für die übertägige Erkundung ermittelt werden.
In Phase II findet unter Anwendung der weiterentwickelten vSU die übertägige Erkundung der Standortregionen statt, welche im Vorschlag für die untertägige Erkundung mündet.
In Phase III wird die umfassende vSU durchgeführt. Die untertägige Erkundung findet statt. Über den abschließenden Standortvergleich wird der Standortvorschlag ermittelt. Am Ende der Phase III steht die Standortentscheidung.
Endlagersuche - Informationen im Überblick
- Wie ist die Zuständigkeit für die Endlagersuche in Deutschland geregelt?
Sowohl die Endlagersuche als auch die Errichtung des Endlagers für hochradioaktive Abfälle ist alleinige Aufgabe des Bundes. Hierbei trägt das Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) als Fach- und Rechtsaufsicht die politische Gesamtverantwortung. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) ist atom- und bergrechtliche Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde sowie zuständig für die Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) ist der Träger des Vorhabens und setzt damit das Standortauswahlverfahren praktisch um.
- Welche Gestaltungs- oder Einflussmöglichkeiten hat Bayern auf den Standortauswahlprozess?
Die Länder stellen dem Bund die für die Anwendung der Ausschlusskriterien, Mindestanforderungen und Abwägungskriterien benötigten geowissenschaftlichen Daten zur Verfügung, soweit diese bei den Staatlichen Geologischen Diensten und Bergbehörden vorliegen. Eine Bewertung und Interpretation dieser Daten führt die BGE durch.
- Warum hat Bayern trotz der eingeführten Sonderregelung für das Wirtsgestein Kristallin der Novellierung des Standortauswahlgesetzes (StandAG) im Jahr 2017 zugestimmt?
Bayern steht der Endlagersuch mit großer Verantwortung gegenüber und trägt den Neubeginn für die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle in ganz Deutschland mit. Auch wenn die Verabschiedung des novellierten StandAG Anfang 2017 im Eilverfahren und ohne eine angemessene Beteiligung der Länder erfolgte, hätte die Ablehnung des Gesetzes die Aufkündigung des Neubeginns der Endlagersuche bedeutet. Um dies zu verhindern hat auch Bayern im Ergebnis dem vorgelegten Gesetzesentwurf zugestimmt. Jedoch wurde dazu im Bundesrat eine Protokollerklärung abgegeben, die als Merkposten für die nächste Novellierung des StandAG zu verstehen ist.
- Wie ist die Öffentlichkeitsbeteiligung für die Endlagersuche geregelt? Wo finde ich hier Informationsangebote?
Transparenz ist ein hohes Gut. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist eine der Voraussetzungen, damit die Endlagersuche gelingen kann. Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist nach dem StandAG fester Bestandteil des Standortauswahlprozesses. Zuständig hierfür ist das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Das BASE veranstaltet gezielt für die unterschiedlichen Zielgruppen wie z.B. allgemeine Öffentlichkeit, junge Generation, Vertreter von Kommunen, Behördenvertreter etc. abgestimmte Beteiligungsformate. Informationen finden sich hierzu auf der Internetseite des BASE (siehe Link am Seitenende).
- Wie erfolgt die Finanzierung der Endlagersuche?
Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung am 16.06.2017 wurde die bundeseigene Stiftung Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung errichtet. In diesen Fonds haben die Betreiber der Kernkraftwerke im Juli 2017 eine Einmalzahlung in Höhe von 24,1 Milliarden Euro geleistet, die sich aus allen vormals gebildeten Rückstellungen für die Zwischen- und Endlagerung der radioaktiven Abfälle sowie einem Risikozuschlag zusammensetzt. Damit sind die atomrechtlichen Zahlungsverpflichtungen der Betreiber für die Zwischen- und Endlagerung abschließend abgegolten. Seit diesem Zeitpunkt trägt der Bund die alleinige finanzielle Verantwortung.
- Welche Abfälle sollen in das Endlager verbracht werden und um welche Mengen handelt es sich?
In das Endlager sollen ca. rund 30.000 m3 hochradioaktive Abfälle verbracht werden. Dabei handelt es sich vorwiegend um abgebrannte Brennelemente aus den Leistungsreaktoren, um Abfälle aus der Wiederaufarbeitung im Ausland und um abgebrannte Brennelemente aus Forschungs-, Entwicklungs-, und Demonstrationsreaktoren.
- Gehen von dem geplanten Endlager Gefahren aus?
Nein. Ein Endlager, von dem Gefahren ausgehen, wäre damit nicht genehmigungsfähig. Für den sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle muss über einen Zeitraum von 1 Million Jahre ein Nachweis erbracht werden. Darüber hinaus ist das Auswahlverfahren so angelegt, dass nach einem Standort mit bestmöglicher Sicherheit gesucht wird. Damit wird das künftige Endlager über die ausreichende Sicherheit weit hinausgehen.
- Wer ermittelt die Standorte, die nach den geologischen Kriterien der Endlagersuche geeignet sind?
Die BGE prüft in einem aufwändigen Verfahren, ob und ggf. wo es Standorte oder potenzielle Standortregionen gibt, die in einem weiteren Schritt untersucht werden sollen. Die Methodik dafür stellt die BGE auf ihrer Internetplattform öffentlich zur Diskussion. Die BGE hat in eigener Verantwortung auf Basis des StandAG , den Zwischenbericht Teilgebiete Ende September 2020 veröffentlicht. Dort wo die BGE bzw. der Gesetzgeber Regionen als potenzielle Standorte in die engere Auswahl nehmen wird (Ende der Phase 1), sind unabhängig von der vorhandenen Untersuchungsdichte weitere Erkundungen notwendig (z.B. geophysikalische Untersuchungen, Tiefbohrungen).
- Gibt es Kristallingesteinsvorkommen auch in in Bayern?
Kristallingesteine treten in Bayern an der Oberfläche sowie auch im tieferen Unter-grund unter mächtigerem überlagernden Deckgebirge auf. Die nach aktuellem Kenntnisstand der BGE für die Endlagersuche in Frage kommenden Kristallingesteinsvorkommen zeigt der am 28. September 2020 veröffentlichte Zwischenbericht Teilgebiete der BGE sowie die im Internet hierzu veröffentlichte interaktive Karte unter https://www.bge.de/de/endlagersuche/zwischenbericht-teilgebiete/. Detailinformationen zu den u. a. auch Bayern betreffenden drei Teilgebieten mit kristallinem Wirtsgestein im Grundgebirge (Teilgebiete 009, 010 und 013) findet sich auf dem Internet-Auftritt der BGE.
Links
Interaktive Karte
Teilgebiete
- Ist Bayern gegen die Einbeziehung von Kristallin in den Suchprozess?
Für Bayern steht die Sicherheit des Endlagers an erster Stelle. Deshalb ist Bayern nicht pauschal gegen die Einbeziehung von Kristallin in den Suchprozess, sondern konkret gegen die Berücksichtigung von Endlagerkonzepten, die offensichtlich nicht zu einem Endlager mit bestmöglicher Sicherheit führen. Die derzeitige im Standortauswahlgesetz verankerte Regelung lässt nur für das Wirtsgestein Kristallin ein Endlagerkonzept zu, dessen Sicherheit über 1 Million Jahre auf technischen und geotechnischen Barrieren beruht. Ein solches Endlager kann nicht die geforderte Sicherheit gewährleisten und wird daher von Bayern abgelehnt. Nur ein Endlagerkonzept, bei dem der Einschluss im Wesentlichen durch eine geologisch stabile, dichte und massive Gesteinsformation erfolgt, kann die geeignete Sicherheit bieten. Dieser Grundsatz muss auch für das Wirtsgestein Kristallin gelten.
- Wie ist die Aussage im bayerischen Koalitionsvertrag „Wir denken beim Schutz unserer Heimat über Generationen hinaus. Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist.“ zu verstehen?
Die Aussage ist Ausdruck unserer politischen Überzeugung, dass für ein sicheres Endlager der Einschluss der radioaktiven Abfälle über eine geologisch stabile, dichte und massive Gesteinsformation erfolgen muss. Zerklüftetes Kristallingestein, wie es vorwiegend in Bayern zu finden ist, kann daher nicht die geforderte Sicherheit über 1 Million Jahre gewährleisten.
- In Schweden und Finnland wird versucht ein Endlager im Kristallin zu errichten, gibt es hier einen Unterschied zu den Kristallin-Vorkommen in Deutschland?
Aufgrund der erdgeschichtlichen Entwicklung sind in Schweden und Finnland heute weder Tongesteine noch Steinsalz verbreitet. Als Wirtsgestein für ein Endlager blieb dort folglich keine Wahlmöglichkeit. Die Kristallin-Vorkommen in Schweden und Finnland weisen, nach bisherigen Erkenntnissen, deutlich weniger tektonische Trennflächen auf, als die Kristallingesteine in Deutschland. Die Häufigkeit, Anordnung und Öffnungsweite dieser Trennflächen beeinflusst die Eignung als sicheres Endlagergestein maßgeblich.
In Schweden und Finnland gelten darüber hinaus andere sicherheitstechnische Anforderungen an das Endlager als in Deutschland. So ist z.B. der Nachweis für die Langzeitsicherheit des Endlagers, nur über einen Zeitraum von 100.000 Jahre bzw. 10.000 Jahre zu führen und nicht wie in Deutschland über 1 Million Jahre.
Länder wie Schweden, Finnland oder Frankreich sehen eine grundsätzliche Zustimmung der ortsansässigen Bevölkerung als Voraussetzung für einen potentiellen Endlagerstandort an. In diesen Ländern wird ein potentieller Endlagerstandort mit erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen sowie Vorteilen durch ein verbessertes Angebot an Bildungs-, Gesundheits- und Freizeiteinrichtungen für die ortsansässige Bevölkerung in Verbindung gebracht. Diese Vorteile bewegen die dortigen Gemeinden sogar zum Teil dazu, sich aktiv als Standort zu bewerben und in einen Wettbewerb untereinander zu treten. Hierbei hat sich gezeigt, dass Transparenz und eine aktive Einbeziehung der Öffentlichkeit, insbesondere der betroffenen Gemeinden, entscheidend für die Akzeptanz und damit für den Erfolg der Suche ist.
Weiterführende Informationen
Gesetzliche Grundlagen
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