Diagnostik
Eine wesentliche Voraussetzung für eine gezielte Therapie ist eine richtige Diagnose. Ärzten und Patienten steht ein breites Spektrum an modernen Diagnoseverfahren zur Verfügung.
Diagnostische Verfahren stellen keine gentechnischen Arbeiten im Sinne des Gentechnikgesetzes dar. Trotzdem spielen gentechnische Methoden in diesem Bereich der Medizin eine wichtige Rolle. Biochemische Testverfahren können dadurch effektiver entwickelt und eingesetzt werden. Eine Vielzahl an Substanzen (beispielsweise Enzyme), die bei der medizinischen Diagnostik zum Einsatz kommen, wird gentechnisch hergestellt. Darüber hinaus konnten die Diagnosemöglichkeiten auf die Ebene der DNA ausgedehnt werden.
Nachweis von Infektionskrankheiten
Die direkte Identifizierung vieler Krankheitserreger wurde erst durch gentechnische Methoden möglich und ersetzt mittlerweile häufig den zeitraubenden indirekten Nachweis über mikrobiologische oder immunologische Testverfahren (z. B. Erreger- bzw. Antikörpernachweis). Viren (z. B. SARS-CoV-2, HIV, Hepatitis-Viren, Herpesviren, Influenzaviren) oder Bakterien (z. B. Helicobacter pylori, Borrelien) in geringsten Konzentrationen können nun über sogenannte PCR-Tests direkt auf DNA-Ebene oder mittels Antigentest auf Protein-Ebene bestimmt werden, ohne dass eine aufwändige Anzüchtung erforderlich ist. Tests sind so auch im Hochdurchsatz möglich und Resultate liegen früher vor. Diese Vorteile haben sich z. B. bei der Bekämpfung von SARS-CoV-2 als sehr hilfreich erwiesen.
Krebsfrüherkennung
Je früher eine Krebserkrankung erkannt wird, desto besser sind die Behandlungs- oder gar Heilungschancen. Mit Hilfe gentechnischer Methoden lassen sich bereits Frühstadien bestimmter Krebsarten, mitunter sogar Prädispositionen, erkennen und Infektionen mit viralen Erregern nachweisen, die an der Entstehung von
- Leberkrebs (Hepatitis B- und C-Viren),
- Gebärmutterhalskrebs (humane Papillomviren),
- Lymphomen (Epstein-Barr-Virus),
- einer bestimmten Leukämieform (HTLV-1 = humanes T-lymphotrope Virus) und
möglicherweise noch weiteren Krebsarten beteiligt sind.
Veränderungen in spezifischen, körpereigenen Genen (wie z. B. Proto-Onkogene, Tumorsuppressorgene), die eine maßgebliche Rolle bei der Entstehung einiger bösartiger Tumore spielen, wie z. B. in den BRCA1-, BRCA2- und BRCA3-Genen (BReast CAncer = Brustkrebs) bei erblich bedingtem Brust- und Eierstockkrebs, können ebenfalls nachgewiesen werden. Solche Analysen ermöglichen es, individuelle Krebsrisiken zu erkennen und darauf basierend eine maßgeschneiderte Krebsvorsorge anzubieten, Maßnahmen, die sich günstig auf die Prognose auswirken.
Nachweis von Erbkrankheiten
Die rechtzeitige Kenntnis von genetischen Defekten oder Krankheitsdispositionen kann in gezielte Behandlungsstrategien münden, die mehr Chancen auf Linderung oder Heilung bieten. Im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen wird die DNA-Analyse zum Nachweis bestimmter erblich bedingter Krankheiten eingesetzt, für die spezifische Vorsorgemaßnahmen oder gar Therapien verfügbar sind (z. B. Untersuchungen auf eine Schilddrüsenunterfunktion, Phenylketonurie, zystische Fibrose, ein adrenogenitales Syndrom, Hämochromatose). Für rund hundert Krankheiten gibt es spezifische Therapien.
Problematisch ist der Einsatz dieser Untersuchungsmethoden bei Krankheiten, die nicht präventiv behandelt werden können, wie zum Beispiel Chorea Huntington. Deshalb ist ein wesentlicher Bestandteil der modernen Humangenetik die umfassende Aufklärung sowie genetische Beratung, die für bestimmte Bereiche mittlerweile verpflichtend vorgeschrieben ist. Den rechtlichen Rahmen für genetische Untersuchungen und Beratungen bilden das Gendiagnostikgesetz sowie die Verordnung zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik.
Pharmakogenetik/Personalisierte Medizin
Für eine Reihe von Erkrankungen wurde festgestellt, dass der Erfolg einer Therapie auch von der genetischen Ausstattung eines Patienten abhängt. Die Pharmakogenetik untersucht unter anderem Zusammenhänge zwischen Genvarianten und Arzneimittelwirkung, sie ist also Bestandteil einer personalisierten Therapie. Mit Hilfe genetischer Diagnoseverfahren kann in bestimmten Fällen vorhergesagt werden, ob ein Arzneimittel bei einer bestimmten Person oder Personengruppe überhaupt wirken wird, sowie die geeignete Dosis oder das Risiko von Nebenwirkungen, wie allergischen Reaktionen, erfasst werden. Vor allem im Bereich der Krebstherapie kommen verstärkt derartige Gendiagnostikverfahren zum Einsatz. Für den Großteil der in Deutschland zugelassenen Medikamente der sogenannten Personalisierten Medizin ist vor einer Behandlung ein diagnostischer Vortest vorgeschrieben, bei den restlichen empfohlen. Im Rahmen einer HIV-Behandlung mit Abacavir ist beispielsweise seit 2008 ein Gentest verpflichtend, da bei Patienten mit einer bekannten Genvariante schwere Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten können.
Forensische DNA-Analyse
Zur Bestimmung der Identität einer Person, z. B. im Zusammenhang mit einer Straftat, und zur Klärung der Abstammung, wie beispielsweise bei Vaterschaftstests oder Stammbaumanalysen, wird seit rund 35 Jahren der sogenannte genetische Fingerabdruck genutzt.
Für den genetischen Fingerabdruck werden mit molekularbiologischen Methoden aussagekräftige Bereiche der Erbinformation vervielfältigt und anschließend miteinander verglichen. Hochentwickelte Testverfahren erlauben zusammen mit Methoden der Bioinformatik Identifizierungen mit sehr hoher Zuverlässigkeit auch aus geringsten Probenmaterialien.
Weiterführende Informationen
Links
- Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (Coronovirus-FAQs – Fragen zur Diagnostik)
- Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz - GenDG
- Verordnung zur Regelung der Präsimplantationsdiagnostik (PIDV)
- Gesetz zur Ausführung der Präimplantationsdiagnostikverordnung (BayAGPIDV)