Biosynthese von Chemikalien
In jüngster Zeit werden zunehmend biobasierte Lösungen zur umweltfreundlichen Gewinnung von Grund- und Feinchemikalien gesucht. Überschüssige pflanzliche Biomasse (z. B. Ernterückstände, Holzabfälle) und nachwachsende Rohstoffe als Ausgangsquelle für chemische Grundstoffe können einen wesentlichen Beitrag zur Ressourcenschonung und Energieeinsparung leisten. Sie verringern die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen und sind eine wichtige Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Wirtschaft in Richtung einer Bioökonomie.
Ringförmige Zuckermoleküle, sogenannte Cyclodextrine, werden im großtechnischen Maßstab aus pflanzlichen Rohstoffen (Stärke) produziert. Aufgrund ihrer Molekülstruktur sind sie vielfältig einsetzbar: sie schließen unangenehme Gerüche ein und fungieren als Träger von Duftstoffen sowie als spezielle Lösungs- und Stabilisierungsmittel für Moleküle unterschiedlicher Größe.
Die technische Gewinnung der Eiweißbaustoffe Cystin und Cystein erfolgt inzwischen mehrheitlich durch die Fermentation gentechnisch veränderter Bakterienstämme vom Typ Escherichia coli. Beide Aminosäuren sind Ausgangsstoffe für die Arzneimittelindustrie. Cystein wird darüber hinaus auch als Zusatz in Lebens- und Futtermitteln sowie in Kosmetikprodukten eingesetzt.
Eine Chemikalie mit besonders hohem wirtschaftlichen Potenzial, die sich aus überschüssiger pflanzlicher Biomasse herstellen lässt, ist 1,4-Butandiol, das als industrielles Lösungsmittel und als Zwischenstoff im Bereich der Polymer- und Feinchemikalienproduktion verwendet wird. Bei der großtechnischen Synthese dieser Grundchemikalie kommt auch ein umweltfreundliches biotechnologisches Verfahren (Fermentation) mit Hilfe gentechnisch modifizierter Mikroorganismen zum Einsatz.
Biopolymere auf der Basis von Spinnenseidenproteine entwickeln sich zu einer interessanten Alternative für erdölbasierte Kunstfasern wie Polyester. Spinnenfäden sind zwanzigmal stärker als Stahl und dabei elastischer als Gummi. Zudem sind sie biokompatibel und antiallergen. Aufgrund dieser speziellen Kombination von Eigenschaften ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in den Bereichen Pharma, Kosmetik, Medizintechnik und Funktionsmaterialien. Den kommerziellen Einsatz der Spinnenseide ermöglichte die Erzeugung der Seidenproteine im industriellen Maßstab. Das entsprechende biotechnologische Produktionsverfahren wurde in Bayern entwickelt und nutzt gentechnisch veränderte Bakterien, die die Naturfasern in geschlossenen Behältern synthetisieren.