Gentechnisch hergestellte Biokatalysatoren
Biokatalysatoren sind Enzyme, eine besondere Klasse von Eiweißstoffen, die in allen lebenden Zellen vorkommen. Dort ermöglichen beziehungsweise beschleunigen sie eine Vielzahl biochemischer Reaktionen ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Jedes Enzym ist auf eine bestimmte Stoffumwandlung spezialisiert, wie zum Beispiel das Spalten, Verknüpfen oder Verändern von Molekülen. Auch außerhalb der Zelle arbeiten Enzyme unter schonenden Bedingungen: ohne Lösungsmittel, bei Umgebungstemperatur und ohne Druck. Als wirkungsvolle Werkzeuge ersetzen sie zunehmend chemische Verfahren und helfen so, Ressourcen, vor allem Wasser und Energie, und die Umwelt zu schonen.
Die Produktion von Biokatalysatoren in großtechnischen Mengen durch Mikroorganismen (Bakterien und Pilzkulturen) erfolgt in geschlossenen Behältern unter streng kontrollierten Bedingungen. Viele der Hochleistungsproduktionsstämme (Bacillus, Aspergillus, Fusarium) sind mittlerweile gentechnisch verändert. So erzeugen einige wenige Produktionsstämme, die sich in ihrer Handhabung als sicher erwiesen haben, eine Vielzahl an Enzymen, darunter auch solche, die bisher nicht oder nur in äußerst geringen Mengen von Mikroorganismen synthetisiert werden.
Seit 1988 werden Enzyme zu kommerziellen Zwecken gentechnisch hergestellt. Der Großteil der Biokatalysatoren werden mittlerweile mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen in großen, geschlossenen Bioreaktoren produziert. Im fertigen Endprodukt sind weder Organismen noch Bestandteile von ihnen nachweisbar.
Die Einsatzmöglichkeiten von Enzymen sind vielfältig:
Wasch- und Reinigungsmittel
Moderne Wasch- und Geschirrreinigungsmittel entfalten ihre volle Waschkraft durch den Einsatz spezieller Enzyme bereits bei niedrigen Temperaturen und bei geringer Dosierung. Dies führt zu beträchtlichen Einsparungen von Energie und Wasser.
Proteasen sind auf die Spaltung von Eiweißmolekülen spezialisiert und entfernen Eiweißflecken (Blut, Ei). Amylasen und Mannanasen lösen kohlenhydrathaltige Verschmutzungen aus Stärke und dem Verdickungsmittel Guarkernmehl (Kakao, Eiscreme, Soßen, Salatdressing). Lipasen beseitigen Fettflecken (Bratfett, Kragenfett, Lippenstift) und Pektinasen (Enzyme, die Pektrin abbauen) Frucht- und Marmeladenflecken. Cellulasen (Zellulose-spaltende Enzyme) entfernen Knötchen, die beim Waschvorgang in der Wäsche entstehen können („Anti-Pilling-Effekt“), und bewirken durch die Glättung der Gewebefasern, dass sich Baumwolltextilien wieder weicher anfühlen und zugleich die Farben aufgefrischt werden.
Zur Reinigung von Kontaktlinsen werden ebenfalls Enzyme eingesetzt. Während Proteasen und Lipasen Eiweiß- und Fettreste beseitigen, entfernt das Enzym Katalase überschüssiges Wasserstoffperoxid, das als Desinfektionsmittel eingesetzt wird.
Textil- und Lederverarbeitung
Bei der Herstellung und Verarbeitung von Textilien sind Enzyme mittlerweile zu unentbehrlichen Helfern geworden. Amylasen werden zur Stoffveredelung (Entschlichten von Fasern pflanzlicher Herkunft), Proteasen zur Behandlung von Wolle und Rohseide verwendet. Die schonende Entfernung des Bleichmittels Wasserstoffperoxid bei Baumwoll- und Leinenstoffen, übernimmt das Enzym Katalase. Cellulasen verhindern auch hier die Knötchenbildung („Anti-Pilling-Effekt“) und sorgen durch eine Glättung der Gewebefasern für ein angenehmes Tragegefühl. Ebenso bewirken Cellulasen bei modernen Jeans den typischen Stonewashed-Look.
Enzyme spielen vor allem bei der Herstellung weicher, aber dennoch strapazierfähiger Lederwaren eine zunehmend wichtige Rolle. Proteasen übernehmen die Enthaarung sowie den Hautaufschluss, Lipasen die anschließende Entfettung der Lederhäute.
Papier- und Zellstoffherstellung
Enzymatische Verfahren haben in der Papier- und Zellstoffindustrie die umweltschädliche Chlorbleiche nahezu vollständig ersetzt. Zur Modifizierung von Stärke (z. B. für die Papierbeschichtung) werden vermehrt Amylasen, bei der Fibrillierung (Quetschung) der Cellulosefasern Cellulasen eingesetzt. Druckertinte wird mit Hilfe von Amylasen, Cellulasen und Lipasen aus Recyclingpapier entfernt.