Clearingverfahren - Effiziente Lösungen für den Ausbau von Stromnetzen
Seit dem 01. Februar 2025 bietet das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz ein Clearing-Verfahren an zur Klärung von naturschutzfachlichen und -rechtlichen Vollzugsfragen im Zusammenhang mit dem Ausbau von Stromnetzen. Das Ziel ist es, die Verfahren zur Planung und Genehmigung von Stromleitungsvorhaben durch eine effiziente Prüfung der Naturschutzbelange zu beschleunigen und zu erleichtern.
Was ist das Clearing-Verfahren?
Das Clearing-Verfahren bietet die Möglichkeit, mit Unterstützung des StMUV Auslegungs- und Umsetzungsfragen bei konkreten Vorhaben aus dem Bereich Naturschutz klären zu können. Insbesondere im Hinblick auf die Anwendung von § 43m des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sowie die perspektivischen Umsetzungsgesetze zur RED III-Richtlinie schafft das StMUV damit notwendige Vollzugssicherheit und -erleichterungen. Dabei können Clearingfälle über eine Online-Maske an die Clearingstelle im StMUV übermittelt werden.
Das Ergebnis des Clearingverfahrens wird im Regelfall innerhalb von drei Wochen allen Beteiligten mitgeteilt.
Die Vorteile:
- Verfahrensbeschleunigung: Durch frühzeitige Klärung von Fragen können Genehmigungsprozesse effizienter gestaltet werden.
- Rechtssicherheit: Das Clearing-Verfahren sorgt für Klarheit in naturschutzrechtlichen Belangen und minimiert Unsicherheiten.
Für wen ist das Clearing-Verfahren gedacht?
Das Verfahren richtet sich an alle Vorhabenträger, die Stromleitungsvorhaben planen, sowie an die zuständigen Genehmigungsbehörden. .
Digitale Wissensplattform
Die Ergebnisse geeigneter Clearingfälle werden anonymisiert, aufbereitet und digital zur Verfügung gestellt. Gelöste Fälle können damit zur Klärung ähnlich gelagerter Fälle genutzt werden. So wird im Laufe der Zeit eine umfassende digitale Wissensplattform aufgebaut werden, die von allen Beteiligten genutzt werden kann und der Vermittlung von Best Practices dient.
Kontakt zur Clearingstelle
Für weitere Informationen oder um am Clearing-Verfahren teilzunehmen, wenden Sie sich bitte an clearingstelle@stmuv.bayern.de.
Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ)
Anwendungsfragen zu den Vollzugshinweisen zur Anwendung der BayKompV bei Freileitungen
Übergangsregelung zur Anwendung der Vollzugshinweise
Seit dem 14.02.2025 wurde eine zeitliche Übergangsregelung zur Anwendung der Vollzugshinweise eingeführt. Das Inkrafttreten der Vollzugshinweise soll nicht zu Verfahrensverzögerungen führen, wenn Planungen bereits weit fortgeschritten sind. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung sollen alle Anwendungen konstruktiv behandelt und Ermessensspielräume im Sinne des Vorhabensträgers ausgeschöpft werden. Soweit erforderlich können Einzelfälle zur Klärung an die Clearingstelle des StMUV herangetragen werden.
Anwendung der BayKompV bei fortgeschrittenen Planungen
Finden die Vollzugshinweise auf ein Vorhaben nach der Übergangsregelung keine Anwendung, ist nach den Grundsätzen der BayKompV über die Eingriffsregelung zu entscheiden. Das vom Vorhabenträger vorgeschlagene Vorgehen zur Abarbeitung der Eingriffsregelung und die dazu vorgelegten Unterlagen müssen fachlich geeignet sein. Dies ist auch im Sinne der Rechtssicherheit geboten. Bestehende fachliche und rechtliche Spielräume sind von den Behörden im Sinne der Verfahrensbeschleunigung vollumfänglich auszuschöpfen.
Anwendung von 90%-Lösungen im Rahmen der Übergangsregelung
Auch sog. 90%-Lösungen, die unter die o. g. Übergangsregelung fallen und die großteils, aber nicht vollständig den in Kraft getretenen Vollzugshinweisen entsprechen, können eine fachlich geeignete Abarbeitung der Eingriffsregelung darstellen und sind im Einzelfall zu beurteilen.
Definition und Anwendung des Bagatellfalls in Ziffer 1.1.2.1
Der in den Vollzugshinweisen in Ziffer 1.1.2.1 beschriebene Bagatellfall kann analog in allen Fällen Anwendung finden, in denen der Ausgangszustand der in Anspruch genom-menen Grundfläche Offenland-Biotop- und Nutzungstypen gemäß Biotopwertliste aus den Gruppen
- A - Äcker/ Felder
- G – Grünland
- O – Felsen, […], vegetationsfreie/-arme offene Bereiche
- P – Freiflächen des Siedlungsbereich
- V – Verkehrsflächen oder
- X – Siedlungsbereiche, Industrie-, Gewerbe- und Sondergebiete
mit einem Grundwert ≤ 3 Wertpunkte entspricht. Die Vollzugshinweise werden zeitnah entsprechend angepasst; die hier beschriebene analoge Anwendung findet ab sofort Anwendung. Findet der o. g. Bagatellfall keine Anwendung, ist für die Ermittlung des Umfangs der anlagebedingten Flächeninanspruchnahme (siehe Tabelle 1 Zeile a der Vollzughinweise) durch Mastfundamente nur die oberirdische Versiegelung relevant. Unterirdische Anteile der Mastfundamente bleiben außer Betracht.
Anwendungsfragen zur Arbeitshilfe und Standards der Bundesnetzagentur und des Bundesamtes für Naturschutz
Verbindlichkeit und Anwendung der Arbeitshilfe
Die Arbeitshilfe für die Auswahl artenschutzrechtlicher Minderungsmaßnahmen gemäß § 43m Absatz 2 EnWG ist verbindlich anzuwenden. Bestimmte Aspekte der Arbeitshilfe werden als optional beschrieben, diese bleiben auch optional. Minderungsmaßnahmen, die nicht in der Arbeitshilfe beschrieben werden aber fachlich ebenfalls geeignet sind, um den rechtlichen Vorgaben zu entsprechen, sind ebenfalls zuzulassen.
Fragen zum § 43m Absatz 2 Satz 1 EnWG
Auslegung des § 43m Absatz 2 Satz 1 EnWG und der Rechtsgedanke des § 43m EnWG
Bei der Auslegung des § 43m Absatz 2 Satz 1 EnWG ist auch der Rechtsgedanke des § 43m EnWG zu berücksichtigen. Die Norm dient der Verfahrensbeschleunigung des Netzausbaus. Es dürfen keine strengeren Anforderungen gestellt werden als es vor der Einführung dieser Vorschrift der Fall war. „Finanzieller Ausgleich für nationale Artenhilfsprogramme sowie Minderungsmaßnahmen“. Der in § 43m Absatz 2 Satz 2 EnWG beschriebene finanzielle Ausgleich für nationale Artenhilfsprogramme ist zusätzlich zu den Minderungsmaßnahmen, die in Satz 1 genannt werden, zu betrachten. Die Sätze sind unabhängig voneinander zu betrachten.
Verfügbarkeit und Verhältnismäßigkeit der Minderungsmaßnahmen nach § 43m Abs. 2 Satz 1 EnWG
Die Verfügbarkeit und die Verhältnismäßigkeit der nach § 43m Absatz 2 Satz 1 EnWG anzuordnenden Minderungsmaßnahmen sind im Einzelfall zu bestimmen. Pauschale Grenzwerte sind zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit nicht geeignet. Auch die Ausgleichszahlung, die nach Satz 2 zu leisten ist, kann nicht angerechnet werden, um die Anforderungen bezüglich der Minderungsmaßnahmen an den Vorhabenträger zu senken. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung besteht aus einer Abwägung, ob der Maßnahmenaufwand (Komplexität, Kosten, Zeit) in einem angemessenen Verhältnis zu dem damit zu erreichenden naturschutzfachlichen Nutzen (Wirksamkeit der Maßnahmen – z. B. qualitative und quantitative sowie räumliche oder zeitliche Dimension –, Schutzwürdigkeit bzw. -bedürftigkeit der betreffenden Art(en), z. B. ihr Gefährdungsgrad, Seltenheit einer Art und ihr Erhaltungszustand) steht. Dabei ist auch der Sinn und Zweck des § 43m EnWG, eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, zu berücksichtigen. Ausführungen nur zu einer Seite der Abwägung sind nicht ausreichend.
Anwendung einzelner Minderungsmaßnahmen durch den Vorhabenträger
Der Vorhabenträger kann sich auf einzelne Minderungsmaßnahmen im Sinne des § 43m Absatz 2 Satz 1 EnWG konzentrieren, um die Einhaltung der Vorschriften des § 44 Absatz 1 BNatSchG zu gewährleisten. Er muss nicht alle denkbaren Minderungsmaßnahmen anbieten. Eine Minderungsmaßnahme kann je nach den Umständen des Einzelfalls auch eine Vermeidungsmaßnahme sein, d. h. sie kann auch zur vollständigen Vermeidung der Beeinträchtigung führen.
Suchraum für geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen
Die in der EU-Notfallverordnung und in § 43m Absatz 2 EnWG geforderten Minderungsmaßnahmen umfassen allgemein das gesamte Spektrum der Maßnahmen, die dazu dienen, die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Vorschriften des § 44 Absatz 1 BNatSchG zu gewährleisten. Demzufolge beschränkt sich der Suchraum für geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen auf eine Kulisse, die artbezogen im räumlich-funktionalen Zusammenhang zum beeinträchtigten Habitat steht. Ein darüberhinausgehender Suchraum ist daher ausgeschlossen.
Vorgehen bei Nichtverfügbarkeit geeigneter und verhältnismäßiger Minderungsmaßnahmen
Wenn keine geeigneten und verhältnismäßigen Minderungsmaßnahmen verfügbar sind, um die Einhaltung der Vorschriften des § 44 Absatz 1 BNatSchG zu gewährleisten, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass das Vorhaben wegen Verstoßes gegen § 44 Absatz 1 BNatSchG nicht genehmigungsfähig sei. § 43m Absatz 2 Satz 8 EnWG stellt gerade fest, dass die in diesem Fall eigentlich notwendige artenschutzrechtliche Ausnahme nach § 45 Absatz 7 BNatSchG (einschließlich der sog. „FCS-Maßnahmen“) nicht erforderlich ist. Es bleibt dann bei der finanziellen Ausgleichszahlung für nationale Artenhilfsprogramme gem. § 43m Absatz 2 Satz 2–7 EnWG.
Weiterführende Informationen
- Vollzugshinweise zur Anwendung der Bayerischen Kompensationsverordnung
- Arbeitshilfe und Standards für die Auswahl artenschutzrechtlicher Minderungsmaßnahmen für verschiedene Fallkonstellationen beim Stromnetzausbau
- Eingriffsregelung §§ 13 ff BNatSchG; BayKompV; hier: Vollzugshinweise zur Anwendung der BayKompV bei Freileitungen
- Hinweise zur Auswahl artenschutzrechtlicher Minderungsmaßnahmen bei Verfahren unter Anwendung des § 43m EnWG